Calcium für Paphiopedilum?
Sucht man in der Orchideenliteratur nach der Frage, ob Orchideen überhaupt Calcium benötigen, findet man nur wenige Antworten zu diesem Thema. Allenfalls findet man den Hinweis, dass die „sauren“ Kultursubstrate wie Torf und Rinde vor der Verwendung als Pflanzstoff mit kohlensaurem Kalk = CaCO3 anzureichern sind um damit den pH-Wert anzuheben.
In neueren Medien kann man lesen, dass Eierschalen, Kalksteinbrocken oder Muschelkalk als Calciumquelle im Pflanzstoff zu verwenden sind.
Ein großer Teil der Paphiopedilen wächst am Naturstand direkt auf oder an Kalkfelsen. Häufig werden Nischen zwischen den Kalkfelsen genutzt, an denen sich kleine Mengen von organischem Material aus Blättern etc. angesammelt haben. Diese Stellen werden häufig von Moosen bewachsen.
Der täglichen Regen spült feine Staubpartikel vom Kalkfelsen und damit auch Calciumcarbonat und andere organische Komponenten an den Standort der Frauenschuhe. Der pH-Wert wird so neutralisiert.
Bodenproben von diesen Standorten zeigen überwiegend einen pH-Wert zwischen 6 und 7 an und beinhalten meistens höhere Werte von Calcium.
Die Verhältnisse der Nährelemente von analysierten Paphiopedilen von natürlichen Standorten zeigen ein anderes Verhältnis der Nährstoffe untereinander als die von uns genutzten Düngern:
Stickstoff > Calcium > Magnesium > Kalium > Phosphor > Natrium
Diese ungefähren Werte findet man häufig in Seetang, Flussalgen und Torfmoosen, bis hin zu den Bäumen und Sträuchern aus dem Regenwald.
Die moderne Pflanzenzucht betrachtet das Calcium als lebensnotwendiges Nährelement. Calciummangel könnte eine der Hauptursachen für den Verlust von Pflanzen bzw. von Paphiopedilen sein.
Die Calciumversorgung der Pflanzen bereitet häufig relativ große Schwierigkeiten. Einer der Gründe ist, dass in den kommerziellen Düngern in der Regel kein Calcium enthalten ist. Das liegt daran, dass Calcium mit Phosphat und Sulfat in der Düngerlösung zu einem schwerlöslichen und am Boden der Lösung sammelnden Salz verbindet und so den Pflanzen nicht mehr zur Verfügung steht.
Als Alternative für die Versorgung der Pflanze mit Calcium wird häufig kalkhaltiges Leitungswasser empfohlen. Das Calcium im Leitungswasser ist als Hydrogencarbonat gebunden und ist damit der Pflanze kaum zugänglich und kann als Calciumquelle nicht genutzt werden.
Verdunstet das Leitungswasser, bleibt ein weißgräulicher Belag (auch auf dem Pflanzstoff) zurück, der auch als Kesselstein bekannt ist.
Es ist also keine gute Idee, die Orchideen mit hartem Leitungswasser zu gießen. Die Wurzeln „verkalken“ regelrecht und sind nicht mehr in der Lage, Wasser und Nährstoffe aufzunehmen.
Eine weitere Alternative für die Versorgung der Frauenschuhe mit Calcium wird häufig im sogenannten „Aufkalken“ des Substrates gesehen. Es dient aber weniger der Versorgung der Pflanzen mit Calcium, sondern vielmehr der Einstellung des pH-Werts im Substrat.
Bei zu niedrigem pH-Wert und einer zunehmenden Versauerung (bei pH-Wert < 5) tritt eine Hemmung des Wurzelwachstums ein, verbunden mit einer ungünstigen Verfügbarkeit der Nährstoffe. Es ist bekannt, dass die allermeisten Spurenelemente nur in einem pH Bereich von 5,5 - 7,0 über die Wurzel aufgenommen werden können. Die Folge ist ein schlechteres Wachstum und Blühen bis hin zum totalen Verlust der Wurzeln oder der ganzen Pflanze.
Aus diesem Grund werden Substrate für Paphiopedilum mit ca. 5 Gramm kohlensaurem Kalk (CaCO3) pro Liter Pflanzstoff vor der Verwendung versorgt. Weiterhin sollte regelmäßig eine sogenannte Erhaltungskalkung alle zwei bis drei Monate durchgeführt werden, um den pH-Wert im Substrat bei circa. 5,5 bis 6,5 im Substrat zu halten. Zu diesem Zweck streut man ca. 3 Gramm Calciumcarbonat auf einen 8 cm-Topf. Danach sollte nur vorsichtig gegossen oder besser gesprüht werden, damit das CaCO3 leicht in den Pflanzstoff eingeschlämmt wird. Wird jetzt zu stark und durchdringend gegossen, wird der Kalk augenblicklich ausgespült.
Die Eingangs erwähnten Zusatzstoffe zum Substrat wie Eierschalen, Kalkbrocken oder Muschelkalk können den gewünschten Pufferefekt für den Pflanzstoff nicht leisten – eine Kalklöslichkeit dieser Zuschlagstoffe dürfte eher im Bereich von Jahren liegen! Eine Pufferung des Substrates ist damit kaum zu erzielen.
Calcium ist gut als Calciumchlorid oder Calciumnitrat löslich – in dieser Form, bevorzugt als Calciumnitrat, kann die Pflanze mit ausreichend Calcium versorgt werden.
Es empfiehlt sich daher, regelmäßig seine Paphios mit Calciumnitrat (Kalksalpeter) zu düngen. Im Profi-Gartenbau wird überwiegend Calcinit der Firma Yara verwendet – der abwechselnd mit Volldüngern verwendet wird. Calcinit enthält 15,5 % Gesamtstickstoff (davon 14,4 % Nitratstickstoff und 1,1 % Ammoniumstickstoff) und 26 % Calciumoxid. Diese Formulierung stellt einen pH-Wert von knapp über 6 sicher.
Niemals Calcinit mit „normalen“ Düngern mischen – das Calcium würde sich mit Phosphat binden und fällt als Calciumquelle aus.
Von einigen wenigen Paphs. ist bekannt, dass sie in eher saurem Moos wachsen. So soll z.B. Paph. victoria-mariae bei pH 4,5 im Moos wachsen. Da wir aber immer weniger Pflanzen aus der Natur bekommen und ein Großteil der Frauenschuhe aus Nachzuchten an Calcium im Nährboden gewöhnt worden ist, können wir alle Paphios wie hier beschrieben kultivieren.
Fazit:
Eine optimale Versorgung der Paphios mit Calcium gewährleistet ein gutes Wurzel- und Pflanzenwachstum mit guter Immunabwehr gegen Bakterien und Schädlinge.
Alle zwei bis drei Monate sollte das Substrat mit Calciumcarbonat-Pulver gepuffert werden.
Die Pflanzen sollten alle vier Wochen mit 0,1 – 0,2 g Calcinit/Liter für die Vermeidung einer Verarmung an Calcium gegossen werden.
Mit diesen Kulturmaßnahmen kann die Kulturschwäche einiger Paphio-Arten wesentlich verbessert werden!