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SemiHydrokultur für Orchideen

Unter Hydrokultur versteht man das kultivieren von Gewächsen ohne Erde. Bereits im 17. Jahrhundert wurden erste Versuche mit Hydrokulturen dokumentiert. Als Kulturmedium wurde Sand, Quarz oder Kohle verwendet.
Die hängenden Gärten von Babylon können ebenfalls als Hydrokulturen bezeichnet werden. Dort wurde mit Sauerstoff und Nährstoffen angereichertes Wasser über das Kultursubstrat gepumpt und so die Pflanzen bewässert.

Auch in der Orchideenwelt gab es in den letzten Jahren immer wieder Berichte über die Hydrokultur – richtig durchgesetzt hat sich diese Art zu kultivieren aber nicht.

Die Suche nach einem geeigneten Pflanzstoff ist nicht neu. Es gab schon immer gut kultivierte Orchideen in allen erdenklichen Pflanzstoffen. Mit zunehmender Kulturdauer speichern aber die meisten Kultursubstrate immer mehr Wasser und Restsalze. Das hat zur Folge, dass beim wöchentlichen Gießen die frisch verpflanzten Orchideen vertrocknen oder die Wurzeln der schon länger im Substrat stehenden Pflanzen wegen zu hoher Feuchtigkeit verfaulen. Durch die hohe Feuchtigkeit im Topf setzen sich organische Substrate zudem schnell um (Kompost) und geben dadurch unkontrolliert zusätzliche Nährstoffe frei.
Regelmäßige Umtopfaktionen können bei größeren Orchideensammlungen zur Belastung werden. Die Suche nach einem mineralischen Pflanzstoff war daher nahe liegend.

Die Publikation von Ray Barkelow (General Semi-Hydroponics™ Information) über die Semi-Hydrokultur (SH) von Orchideen war für mich der Anlass, diese Kultivierungsmethode ebenfalls einmal zu versuchen.

Als Substrat verwende ich Blähton ( 8-16 mm) der für die Pflanzenkultur in jedem Gartencenter angeboten wird. Als Vorbereitung wird er für 24 Stunden in Regenwasser gelegt. Auf diese Weise wird der Staub abgewaschen und vorhandene Salzreste abgespült. Der Blähton nimmt zudem die notwendige Feuchtigkeit auf. Danach wird das Wasser abgegossen und der Blähton erneut für 24 Stunden in Regenwasser gelegt. Der Blähton sollte nur feucht verarbeitet werden.

Als Pflanzgefäße sollten durchsichtige Töpfe ohne Abflusslöcher verwendet werden. Abweichend von normalen Blumentöpfen wird der Wasserabfluss an der Seite angebracht. Dafür werden in 1 bis 2 cm Höhe über dem Topfboden 2-3 Löcher mit einem Lötkolben angebracht.
Beim Gießen läuft das überschüssige Wasser jetzt an der Seite heraus, im Topf verbleibt lediglich der gewünscht Wasservorrat. Dadurch braucht die Orchidee in den nächsten 1 bis 2 Wochen (je nach Witterung bzw. Jahreszeit) nicht mehr gegossen werden.

Als Töpfe verwende ich durchsichtige Plastik- bzw. Verpackungsbecher (500 ml oder 1000 ml). Diese Becher sind eigentlich nicht stabil genug, werden sie allerdings mit Blähton be-füllt, erfüllen sie ihren Zweck und sind relativ preiswert.

Für Cattleyen oder andere größere Pflanzen verwende ich „normale“ Töpfe oder Schalen, die dann in Untersetzer gestellt werden. Zu beachten ist, dass die Untersetzer nur unwesentlich größer sein sollten als die Töpfe. Für Orchideen aus dem Kalthaus haben sich Tontöpfe und Untersetzer bewährt.

 

Blähton ca. 2 cm hoch einfüllen, damit die bestehenden Wurzeln nicht ins Wasser kommen (Fäulnisgefahr). Später werden Wurzeln gebildet, die direkt ins Wasser wachsen.

 

hohe Feuchtigkeit im Topf – ist das das Geheimnis der SH?

 

 

neue Wurzeln von Phal. violacea in SH                                                         zum Vergleich: Wurzel von Phal. violacea in Kokoschips

 

 

In der Orchideenkultur hat man bisher immer darauf hingewiesen, dass der ständige Wechsel zwischen Feuchtigkeit und Trockenheit im Substrat wichtig ist. In der SH steht den Pflanzen ständig Feuchtigkeit im Topf zur Verfügung, sei es als hohe Luftfeuchtigkeit oder als Wasserreservoir. Was benötigen die Orchideen in der Kultur?

Steigt die Temperatur im Kulturraum durch die Sonneneinstrahlung, verdunsten Pflanzen zur Kühlung Feuchtigkeit über ihre Blätter. Dadurch entsteht der sogenannte Transpirationssog, der Wasser über die Wurzeln ansaugt und bis in die Blätter befördert. Je niedriger die Luftfeuchtigkeit ist, desto höher ist die Verdunstung (Transpiration).

Der Wassertransport in die Blätter wird aber auch vom Wurzeldruck („Turgor“) maßgeblich unterstützt. Die biologische Bedeutung des Wurzeldruckes liegt darin, dass selbst bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit im Nebelwald ein Wassertransport gewährleistet werden kann.

Ist im Boden oder im Topf keine ausreichende Feuchtigkeit mehr vorhanden, kann die Pflanze auch ohne Wasser oder Feuchtigkeit für kurze Zeit überleben. Gibt es in den nächsten 2-3 Tagen allerdings keinen Wassernachschub, vertrocknet die Pflanze.
Dies gilt natürlich nicht für Bulbenorchideen, die auch längere Trockenperioden an Naturstandorten problemlos überstehen können.

Daraus kann man ableiten, dass der ständige Wasservorrat in der SH sich positiv auf die Orchideenkultur auswirken kann.

 

neue Wurzeln von Paphiopedilum in SH

 

 

Die Kulturbedingungen in SH unterscheiden sich nicht wesentlich von denen in anderen Pflanzstoffen. Bei mir wird jetzt nur noch einmal pro Woche gegossen. Eine Erhöhung der Luftfeuchte (LF) ist nicht notwendig, auch im Sommer nicht. Bei offenen Luftklappen sinkt die LF am Tag schnell ab, steigt aber durch die Verdunstung der Pflanzen und des Blähtons am Abend schnell wieder an.

Wasser: es wird nur Regenwasser verwendet

Dünger: es darf kein organischer Dünger verwendet werden, da dieser für Fäulnis im Wasserspeicher sorgen würde.

Woche 1: Volldünger mit Spurenelementen 
Woche 2: Kalknitrat = Kalksalpeter
Woche 3: regelmäßiger Wechsel zwischen Magnesiumsulfat (Bittersalz), PK-Dünger,
Spurenelemente
Woche 4: reines Regenwasser (kräftiges durchspülen !!!)

Der Salzgehalt der Düngerlösung schwankt je nach Wetterlage oder Jahreszeit zwischen 300-600 µS (vgl. Hinweis am Ende des Beitrages). 

Die Pflanzen werden solange gegossen, bis das Wasser aus den seitlichen Löchern herausläuft. Beim regelmäßigen Gießen mit Regenwasser sollten die Töpfe ordentlich durchgespült werden, damit auch Salzreste ausgewaschen werden.
Bei Fensterbankkultur sollten die Töpfe mehrere Minuten komplett in Regenwasser getaucht werden.

In der winterlichen Ruhezeit wird nur alle zwei Wochen gegossen.

Wurzelschwache Pflanzen werden mit einer dünnen Schicht Sphagnum am Wurzelansatz umwickelt, sie haben dadurch einen besseren Halt im Blähton. Vereinzelt wachsen dadurch nach kurzer Zeit neue Triebe an den alten Bulben. Später sollte das Moos entfernt werden.

Eine komplette Abdeckung der Töpfe mit Sphagnum oder anderen Materialien hat sich in meinen Kulturen nicht bewährt. Alte Substratreste sind beim Umtopfen in SH selbstverständlich zu entfernen.

 

Wurzelbildung von Steinlaelien in SH

 

 

Einige Orchideen benötigen mehrere Monate um sich an die Kulturform SH anzupassen. In dieser Übergansphase sollten die Orchideen, insbesondere auf der Fensterbank, alle paar Tage gegossen werden. Neue Wurzeln wachsen später auch in das Wasserreservoir hinein. Durch die ständig feuchte Umgebung im Topf werden weniger Wurzeln gebildet als in der herkömmlichen Kultur.

Orchideen mit ausgeprägter Ruhezeit werden wie bisher weniger gegossen. Vor dieser „Ruhezeit“ ist der Topf mit reinem Regenwasser zu spülen, damit möglichst wenig Salzreste vorhanden sind.
Mit der Zeit werden die Töpfe im unteren Bereich ein wenig veralgen, dass schadet aber der Kultur nicht. Ein Übertopf kann hier für Abhilfe sorgen.

 

Fazit:

Nach einer Kulturzeit von zwei bis drei Jahren wuchsen die Wurzeln in SH nicht weiter. Zudem hatte sich in einigen Töpfen eine größere Algenschicht breit gemacht. Die Pflanzen wurden ausgetopft und der Leitwert des Blähtones gemessen. Das Ergebnis war überraschend - der Leitwert betrug über 2000 µS!!!

Der Blähton wurde mehrfach in Regenwasser gewaschen und konnte als Pflanzstoff wieder verwendet werden.

Als Gießwasser wird heute maximal mit einem Leitwert von 150 µS gegossen.

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