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Ernährung der Orchideen in der Natur
 
Orchideen wachsen zum großen Teil als Epiphyten an den unterschiedlichsten Standorten. Dabei haben sie sich sowohl an die feuchten Bedingungen im Nebelwald als auch an die trockenen Standorte der Küstenwälder der Karibik angepasst. Auf den ersten Blick ist nicht erkennbar, wie sich diese Orchideen ernähren.  
 
Regenwald – Leben im Überfluss ?

Wer den tropischen Regenwald einmal besucht hat, denkt unwillkürlich an viel Sonne, hohe Luftfeuchtigkeit bzw. die häufigen Regenfälle.
 

Damit sind die Grundlagen der Photosynthese vorhanden. Über das Chlorophyll der Blätter wird aus Lichtenergie, Wasser und Kohlendioxid --> Zucker und Sauerstoff produziert.

Der Sauerstoff wird über die Spaltöffnungen der Blätter an die Umgebung abgegeben. Der Zucker wird in Stärke, Kohlenhydrate oder Zellulose umgebaut und dient dem Wachstum der Pflanzen. Teile werden bei der Atmung der Pflanzen wieder verbraucht, Zucker und Kohlehydrate werden mit Sauerstoff verbrannt und es entsteht Kohlendioxid.
Durch die hohe Lichtmenge in den Tropen produziert die Photosynthese Zucker im Überfluss. Teile davon werden über die Wurzel und auch über die Blätter (Guttation) ausgeschieden.

Üppige Vegetation auf kargen Boden

Die hohen Niederschläge haben die Böden erodiert, fast alle Bodennährstoffe ausgewaschen und über die großen Flüsse ins Meer abtransportiert. Diese Verhältnisse zwingen den Regenwald dazu, mit den Nährstoffen sparsam umzugehen und sich ihren Anteil zu sichern. Was dann an organischem Material frei wird, muss durch Mikroorganismen der Vegetation erneut zur Verfügung gestellt werden.

Der Nährstoffkreislauf des Regenwaldes

Der Regenwald ist zum größten Teil unabhängig von Nährstoffen aus dem Boden. Die Pflanzen selbst, vor allem die Bäume, haben sich zum Nährstoffspeicher entwickelt. Viele der Nährstoffe zirkulieren in einem geschlossenen Kreislauf. Herabfallende Blätter, tote Tiere und andere abgestorbene organische Substanzen werden innerhalb von wenigen Tagen umgesetzt und wieder in den Kreislauf zurückgebracht. Die Hauptarbeit leisten viele mikroskopisch kleine Pilze, die neben Bakterien und Insekten das organische Material zersetzen und sie den Pflanzenwurzeln wieder zur Verfügung stellen.
In diese temporäre Humusschicht wachsen die feinen Haarwurzeln der Bäume, die die freien Nährstoffe sofort aufnehmen. Die meisten Bäume im Regenwald können nur deshalb überleben, weil ihr Wurzelsystem eine Symbiose, Mykorrhiza genannt, mit Pilzen eingegangen sind. Die Mykorrhiza-Pilze stellen Nahrung zur Verfügung und erhalten vom Baum im Ausgleich Kohlenhydrate.
Pilzfäden lagern sich an die feinen Endverzweigungen der Wurzeln an (= innere (endotrophe) Mykorrhiza) und übernehmen in großem Umfang die Aufnahme von Wasser und Nährstoffen.
Je besser der Pilz arbeitet, desto besser gedeiht der Baum und kann überzählige Kohlenhydrate (Zucker) an den Pilz abgeben.

Trotz dieses optimalen Nährstofffilters werden durch die üppigen Regenfälle geringe Mengen Nährstoffe ausgeschwemmt.
 
 

Nährstoffe aus der Luft

Dem Wald mangelt es nicht an den Voraussetzungen und Grundstoffen für das Wachstum (Licht, Wärme, Wasser, Kohlendioxid), sondern an jenen Stoffen für die Herstellung von Eiweiß und Erbmaterial.
Die Passatwinde treiben jährlich 500 Millionen Tonnen Saharastaub in westliche Richtung über den Atlantik auf die amerikanischen Regenwälder.
In Asien sieht es ähnlich aus. Aus den feinen Stäuben schlagen sich pro Hektar Regenwald 12,6 kg Kalium, 2,7 kg Phosphat, 2,6 kg Magnesium und bis zu 16 kg Calcium nieder ( = 1,26  mg K pro m³). Durch den Regen werden diese Mineralien gelöst und werden von den Pflanzen für die Synthese von Eiweißstoffen gebraucht, Substanzen, die für das Körperwachstum und die Fortpflanzung wichtig sind.
Der fehlende Stickstoff wird durch die häufigen Gewitter in einer Größenordnung von 10 kg zur Verfügung gestellt. Bei Blitzen verbrennt der Luftstickstoff zu Stickoxiden, diese reagieren mit dem Wassergehalt der Luft zu Nitriten und Nitraten.
Bekannt ist auch, dass bestimmte Algen in Zusammenarbeit mit Pilzen in der Lage sind, Eiweißstoffe herzustellen die dann die Stickstoffversorgung übernehmen.  
 
 

Das Leben der Epiphyten

Licht, der Energielieferant für alle Pflanzen, erreicht im tropischen Regenwald nur an wenigen Stellen den Erdboden. Daher ist es nicht verwunderlich, dass einige Pflanzen, z.B. die Epiphyten direkt oben in den Baumkronen wachsen. Der Kampf um das Sonnenlicht ist aber nicht der einzige Grund für die Besiedlung luftiger Höhen. Es ist die ständige Versorgung der Pflanzen mit Nährstoffen, die der reichliche Regen mit sich bringt.
 

Jeder Regenguss schwemmt feinste Stäube aus der Luft, löst die darin befindlichen Ionen und stellt eine permanent schwache Düngelösung dar. Die Quellen dieser Stäube stellen die über die Passatwinde herangetragenen Wüstensand, Vulkanausbrüchen und neuerdings auch Asche von den Waldbränden dar.
 

Die Epiphyten haben sich auf diese permanent fließende schwache Düngelösung eingestellt.
 

 

Bromelien fangen das Regenwasser in eigens dafür bereitgestellten Wasserzisternen auf. Man spricht hier auch von umgekehrter Hydrokultur, da das Nährstoffreservoir über den Pflanzen steht. Tillandsien können über bestimmte Schuppen mit der ganzen Pflanze Wasser und Nährstoffe aus der Luft aufnehmen.
Farne hingegen formen mit ihren Blättern Auffangtrichter für Mulm, den die Mikroorganismen innerhalb kürzester Zeit in Pflanzennahrung umwandeln.
Orchideen können mit ihren Luftwurzeln zusätzlich Feuchtigkeit aus der Luft entnehmen, um ihren Nährstoffbedarf zu decken.

Gibt es zu viele Epiphyten auf einem Baum, kann dieser durch den Nahrungsentzug oder Lichtmangel jedoch geschädigt werden. Vor einigen Jahren habe ich eine Apfelsinenplantage in der Dominikanischen Republik besucht. Unter den Obstbäumen lagen jede Menge abgerissener Tillandsien und Orchideen wie Onc. variegatum, Ionopsis panaticulata, Encyclica usw...

Ich versuchte dem Eigentümer, mit Händen und Füßen klar zumachen, dass Epiphyten keine Schmarotzer sind. Er führte mich nur wortlos zu einem Apfelsinenbaum. Die linke Baumhälfte war von Epiphyten gesäubert und voller Blüten und Apfelsinen. Die rechte Seite saß voller Tillandien und Orchideen, aber es gab kaum Blüten oder Früchte. Hätte ich das nicht mit eigenen Augen gesehen – ich hätte es nicht geglaubt.

Orchideenblüte - Luxus ?

Epiphyten haben sich also auf ein äußerst geringes Angebot an Nährsalzen eingestellt. Ein bisschen zu viel an Nährstoffen in der Kultur kann schnell zu einer Belastung werden. Darum dauert es oft auch Jahre, bis die jungen Orchideenpflanzen genug Reserven gesammelt haben, um zu blühen.

Die herrliche Blüte stellt dann wiederum keinen überflüssigen Luxus da, sondern ist ein Suchbild für Insekten mit Nektar als Belohnung.
Auch hier gehen die Orchideen mit nur 2 Pollen sehr sorgsam für die Arterhaltung um, die den Insekten angeheftet werden. Als Ergebnis nach monatelangem Reifen gibt es dann millionenfach staubfeinen Samen ohne eigenes Nährgewebe. Zur Keimung sind diese Samen wieder auf die Mithilfe von Pilzen angewiesen.

Tägliche Regenfälle

Trotzdem scheint es eine erfolgreiche Strategie zu sein, denn die gemeinsame Masse der Epiphyten auf den Bäumen des tropischen Regenwaldes macht mehr als das Doppelte der Blattmasse der Bäume aus.

Je höher die Niederschlagsmenge ist, desto höher ist die Anzahl dieser Pflanzen bzw. nimmt der Artenreichtum zu. Insbesondere an den Wetterseiten der Gebirgsflanken, wo es zum Teil täglich regnet, ist der Artenreichtum kaum vorstellbar. Zeitweise kann es dort bis zu 20 Liter / qm am Tag regnen.
An den regenreichen Flanken des Mt. Kinabalu auf Borneo z.B. gibt es daher eine weitaus größere Anzahl von Epiphyten als in den flachen Regenwäldern Kalimantans.

Dort hat sich noch eine andere Variante zur Nährstoffgewinnung (Stickstoff) etabliert: die Kannenpflanzen. Die Kannen dieser Pflanzen sammeln Insekten, die von Mikroorganismen in Pflanzennahrung umgewandelt werden. Gibt es mehr Nährstoffe im Boden, z.B. Vulkangestein, werden diese Pflanzen seltener. Das häufige gemeinsame Vorkommen von Kannenpflanzen mit Paphiopedilum lässt daraus schließen, dass auch die Frauenschuhe nur auf nährstoffarmen (stickstoffarmen?) Böden wachsen.

Auf einigen Inseln wachsen Orchideen in unmittelbarer Nähe zum Meer. Paphiopedilum niveum und godefroye, Coelogynen , Dendrobien u.a. habe ich schon 1 Meter oberhalb des Meerwassers wachsen sehen.
Bei Stürmen werden diese Pflanzen direkt mit Meerwasser oder der Gischt besprüht. Meerwasser hat einen Salzgehalt von 50.000 µS ! Durchschnittliche Analysen von Meerwasser in den Tropen enthalten folgende Inhaltsstoffe:

10 700 mg Natrium,  
1300 mg Magnesium,
 410 mg Calcium,
 400 mg Kalium
und über 80 Spurenelemente (Angaben pro Liter Meerwasser)

Wenn man bedenkt, dass über dem Meer riesige Wassermassen verdunsten und als Regen auf das Festland transportiert werden, fällt auf, dass diese schwache Düngerlösung eine andere Zusammensetzung enthält als unsere käuflichen Mineraldünger.



Orchideen als Epiphyten

Orchideen kann man grundsätzlich in zwei Gruppen von Epiphyten einteilen:

Orchideenpflanzen leben epiphytisch, ohne, dass ihre Wurzeln sich einer Humusansammlung als Wasser- und Nährstoffreservoire bedienen können.

Sie sind dann auf regelmäßigen Niederschlag angewiesen. Nächtlicher Tau ist wichtiger als Regen, denn sie sind auf die Aufnahme und Speicherung des Taus speziell vorbereitet.
 



Das sog. Velamen schützt nicht nur die Wurzel, sondern kann auch Wasser mit den enthaltenen Nährstoffen einleiten und kurzfristig speichern.
An der Küste, in der Nähe von Gewässern oder an Berghängen verdunstet die Sonne tagsüber das Wasser. Wenn die Luft abends und nachts wieder abkühlt, kondensiert die feuchte, mit Wasser gesättigte Luft. An den Pflanzen entsteht erst Tau, der dann auch in Nebel übergehen kann.
In solchen Nebelwäldern wachsen daher viele Epiphyten, die so unabhängig von der Regenzeit ganzjährig Wasser bekommen.
 

Orchideenpflanzen leben epiphytisch, können aber einen Teil ihrer Wurzeln in eine wasserspeichernde Humusansammlung hineinwachsen lassen.

Sie werden unabhängig von regelmäßigen Niederschlägen, da sie gewisse Trockenperioden überbrücken können. Mineralische Salze können die Wurzeln dem verrottenden Humus zusammen mit dem Wasser entnehmen.
Auch für Paphiopedilum u. ä., die nicht epiphytisch wachsen, gilt diese Variante.

Das isolierende Velamen (s. o.) wird zurückgebildet, sobald die Wurzel in ein Substrat hineinwächst. Dadurch können sie zwar Wasser und Nährsalze direkter aufnehmen, reagieren aber sensibel auf ungünstige Bedingungen, z. B. hohe Salzkonzentrationen. Wird eine Toleranzgrenze überschritten, so gehen die Wurzeln ein.


Hinweise für die Kultur

Diese erstaunliche Anpassung der Orchideen an die jeweiligen Standortbedingungen lassen die Pflanzen bei uns in Kultur überhaupt erst überleben.
Es wird immer wieder versucht, die Standortbedingungen der Orchideen zu kopieren, indem wir Pflanzen mit unterschiedlichen Materialien aufbinden oder sie in unterschiedliche Pflanzstoffmischungen in Töpfe pflanzen. Das erschwert die Orchideenkultur ungemein, da aufgebundene Pflanzen einen höheren Feuchtigkeitsbedarf haben als die Topfpflanzen.
Versuche, Orchideen nur mit Regenwasser zu kultivieren, sind fehlgeschlagen. Verwendet man mineralischen Dünger, können sich mit den häufigen Wassergaben (gießen und sprühen) Salzablagerungen an den Pflanzen oder im Pflanzstoff festsetzen. Dann sind die Orchideen mit reinem Regenwasser oder ähnlichem zu wässern.
Ich habe in den letzten Jahren versucht, Orchideen nach dem Vorbild der Natur mit organischen Düngern wie Pflanzen- und Tierjauchen, Gesteinsmehlen u. ä. zu ernähren. Erfolge und Misserfolge wechselten sich regelmäßig ab.

Heute ist bekannt, dass organische Düngemittel erst durch Bakterien, Pilze, Mikroben u. ä. in pflanzenverfügbare Nahrung umgesetzt werden müssen. Dabei werden verschiedene Stoffe wie Aminosäuren und Vitamine erzeugt, die für das Wachstum und für den internen Pflanzenschutz wichtig sind. Dass Pflanzen neben mineralischen Stoffen auch diese,  von Mikroben aufbereitete organische Stoffe aufnehmen können bzw. sogar Mikroben über die Wurzeln aufgenommen werden, ist wissenschaftlich nachgewiesen.

In der Kultur werden die notwendigen Nährstoffe der Orchidee mit mineralischen Düngern zugeführt und um organische Stoffe ergänzt.
Über die Höhe der Düngergaben ist schon vielfach berichtet worden, jeder scheint sein eigenes Rezept zu haben und zu hüten.

Ungeachtet dessen zeigen uns die Orchideen am Naturstand immer wieder, zu welchen Prachtexemplaren sie heranwachsen können.
 



 
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